Mirjam Lerch, junge Erwachsene aus der Domgemeinde, absolviert derzeit einen Freiwilligendienst in Accra, Ghana. Sie unterrichtet dort an einer Schule in einem Elendsviertel, die von Schließung bedroht ist. Einige Mitglieder der Domgemeinde haben sich bereits dafür engagiert, dass die Schule erhalten bleibt.
Mirjams Eltern, Eva und Joachim, sind soeben aus Ghana zurückgekehrt und schildern ihre Eindrücke.
Vor ein paar Tagen sind wir, Joachim und Eva Lerch, aus Ghana zurückgekommen, wo wir unsere Tochter Mirjam besucht haben, die dort einen Freiwilligendienst macht. Und natürlich haben wir auch die Paulina Queensland School in Agbogbloshie, dem Slum von Accra besucht, in der Mirjam zwei Tage in der Woche unterrichtet.
Mirjam und ihre holländische Mit-Freiwillige Julie Schellekens hatten vor drei Wochen einen Hilferuf in ihren Heimatländern für diese Schule für die ärmsten Kinder in Ghana gestartet. Denn die Schule platzt aus allen Nähten und da sie die nötigen Mittel für den Umbau nicht aufbringen kann, ist sie von Schließung bedroht. Dankenswerterweise hat die Domgemeinde Wetzlar sich für dieses Anliegen stark gemacht und die Organisation der Spenden übernommen.
Nachdem Mirjam uns durch die langen verwinkelten Wege des Slums von Agbogbloshie in die Schule geleitet hatte, konnten wir mit eigenen Augen sehen, wie nötig die Hilfe dort ist. 300 Kinder aus dem Slum drängen sich dort in zwei engen Etagen. Die Wände zwischen den Klassenzimmern sind nicht schalldicht, die Wände nicht verputzt, die Fenster Höhlen ohne Glas und auf den Schulbänken, die für je zwei Kinder gedacht sind, müssen bis zu vier Kinder sitzen. Für einen Schulhof gibt es hier – mitten im dicht bevölkerten Slum – keinen Platz.
Dennoch schienen die Kinder gern in die Schule zu gehen und den Unterricht aufmerksam zu verfolgen. Bildung ist für sie ist es die einzige Möglichkeit, aus dem Slum, der mit den Abgasen der Elektroschrott-Deponie verseucht ist, zu entkommen.
Die Schulleiterin, Madame Paulina Nlando, eine 56-jährige Lehrerin, hat diese Schule 2003 gegründet. Sie war mit ihren vier Kindern aus dem Norden Ghanas nach Agbogblosie gekommen und hatte mit Schrecken zur Kenntnis genommen, wie viele Kinder hier auf den Straßen verwahrlosten, wie sie die Abfälle vom Boden aßen und immer in Gefahr waren, von den Autos überfahren zu werden. Zuerst gründete sie eine Kinderkrippe (Nursery) mit 12 Kindern in einem Raum. Aber es wurden schnell mehr – und als die Mädchen und Jungen größer wurden, stand die Frage im Raum, wie es mit ihnen weitergehen soll: Die nächste öffentliche Schule ist zu weit entfernt, als dass die Kinder dorthin gehen könnten. So gründete Madame Paulina schließlich eine Privatschule, stockte das Gebäude auf und stellte Lehrer ein. Da die Schule zunächst vor allem Mädchen aufgenommen hatte, nannte sie sie „Queensland School“ - Königinnenland. Die Kinder des Slums hatten damit erstmalig die Chance, etwas zu lernen und nicht auf der giftigen Elektroschrittdeponie arbeiten zu müssen.
Wir haben Madame Paulina und ihrem Sohn Paul, der dort ebenfalls als Lehrer arbeitet, von der Spendenaktion für ihre Schule in Deutschland und der Domgemeinde Wetzlar erzählt. Sie waren darüber sehr bewegt und dankbar. Da auch Julie Schellekens in Holland Spenden gesammelt hat, können wir inzwischen davon ausgehen, dass die Paulina Queensland School gerettet werden kann. Mit den bisher gesammelten Spendenmitteln will die Schule ein Nachbargrundstück kaufen, ihre Nursery dahin auslagern und damit mehr Platz für die Klassenzimmer schaffen. Auch eine Toilettenanlage und eine Schulküche mit hygienischem Mindeststandart soll gebaut werden. Einen Grundstein für das alles haben die Spenden jetzt gelegt.
Zu unserer großen Freude und Erleichterung hat sich in Ghana inzwischen ein kompetentes und unabhängiges Unterstützer-Team gebildet, das die Spendenmittel transparent verwalten und die Schulleiterin bei der Organisation des Neubaus unterstützen will. Philip, der ghanaische Sozialarbeiter aus Mirjams Projekt und Bart van der Grinten, ein holländischer Jurist, der mit seiner Familie in Ghana lebt und bereits in Nigeria eine Stiftung ins Leben gerufen hat, haben sich bereit erklärt, das Projekt Queensland School ehrenamtlich zu begleiten. Derzeit sind sie dabei, gemeinsam mit Madame Paulina den genauen Platzbedarf zu ermitteln und die Erweiterung der Schule zu planen. So haben wir jetzt auch sehr kompetente und vertrauenswürdige Absprechpartner aus verschiedenen Projekten und Nationen, die den Ausbau der Schule voranbringen und uns auf dem Laufenden können, wenn Mirjam und Julie nicht mehr in Ghana sind.
Die Entwicklung hat uns – und vor allem auch Mirjam und ihre holländische Freundin Julie – sehr bewegt. Und wir haben noch immer die Worte von Philipp, dem Sozialarbeiter im Ohr, der uns sagte: „God is working. And we are his instruments!“
Allen, die für die Rettung der Schule in Accra gespendet haben, sagen wir herzlichen Dank. Wir werden Sie an dieser Stelle über den Fortgang der Entwicklung auf dem Laufenden halten. Und natürlich sind weitere Spenden sehr willkommen. Wir können uns kaum einen Ort vorstellen, wo diese Spenden segensreicher wirken können als hier.