1969 kam unsere Familie nach Wetzlar/Blasbach und damit in die Gemeinde St.Walburgis in Niedergirmes. Unsere beiden Jungen (6 und 3) fanden bald Anschluß: Meßdiener, Pfadfinder und Orff-Gruppe, später Ophylos. Auch wir Erwachsenen blieben nicht lange allein. In der Zeit gründete Pfr. Winfried Didinger einen Familienkreis (7 Ehepaare + Pfarrer). Dazu gab es noch einen Gesprächskreis und Familienkreis in Blasbach. Alle Mitglieder dieser Gruppen haben an verschiedenen Stellen der Gemeinde sich aktiv eingebracht: PGR, VRK, Altenclub, Kirchenchor (gegründet nach Erscheinen des 1.Gotteslobs), Ausschüsse für Liturgie, Weltkirche. Wer immer wollte, konnte sich in einer recht regen Gemeinde engagieren und wohlfühlen.
Wir erlebten das Ende der Versorgungskirche. Die Gemeinde selbst mußte aktiv werden und Verantwortung übernehmen. Meine Frau war die erste Katechetin in Blasbach, später haben wir mehrere Jahre Kinder zur Kommunion und Firmung vorbereitet, es folgten Dienste als Lektoren, Kommunionhelfer und Gottesdienstbeauftragte.
Der Priestermangel wurde immer gravierender. In einer Diskussionsrunde mit Bischof Kamphaus habe ich vorgeschlagen, übergreifend für alle 4 Pfarreien in Wetzlar einen Betriebswirt einzustellen, der für die Verwaltung (auch Finanzen) zuständig ist. Dies wurde damals vom Bischof kategorisch ohne Diskussion abgelehnt. Heute - etwa 40 Jahre später - gibt es diese Stelle. Bald merkten wir, Walburgis ist eine reiselustige Gemeinde, der sich gerne Teilnehmer anderer Pfarreien Wetzlars und der evangelischen Gemeinde Niedergirmes anschlossen. Tagesreisen liefen unter dem Motto: Historische Stätten im Bistum Limburg - neben Fahrten nach Fulda und Fritzlar. Von den großen Wochenreisen sind vor allem 2 x Rom, Israel, Schlesien, Wien und Eichstätt zu nennen. Weitere von einem kleinen Team vorbereitete Wochenfahrten führten an den Bodensee (Kirchen und Klöster rund um den See), in den Pfaffenwinkel, Elsaß, Lourdes, Lausitz, Nordharz, Kloster Helfta und Thüringen. Es entstand eine große Gemeinschaft, immer unter Beteiligung des jeweiligen Pfarrers.
Bei unserer Ankunft in Niedergirmes fanden wir die in den 50er Jahren gebaute Kirche etwas befremdlich: der Altar stand weit weg hoch oben, rechts und links an den Seiten existierten halbrunde Kanzeln. Dann wurde ein stabiler Holztisch nahe an die ersten Bänke gestellt, der Priester feierte den Gottesdienst erstmals mit dem Gesicht zu den Gläubigen (versus populum).
Sehr bald stand das große Projekt der Innenrenovierung und Umgestaltung der Kirche an. Der heutige Altarraum wurde von KIVI. Winter aus Limburg gestaltet. Mit einem kleinen Arbeitskreis habe ich mich als damaliger PGR-Vorsitzender mit der weiteren Gestaltung befassen müssen. Glücklicherweise fanden wir Hermann Gottfried, der bereit und fähig war, die Altarwand (9x9 m) auszumalen: ,,Das Himmlische Jerusalem". Gottlob konnten wir durchsetzen, daß im gleichen Stil von diesem Künstler ein Kreuzweg gemalt wurde. Vorher hatten wir uns mehrere Werke des Künstlers natürlich in Köln, Limburg und im Sauerland angesehen. Anfangs waren nicht alle Gemeindemitglieder mit dem ungewohnten Stil einverstanden.
Rückblickend können wir sagen: Mehr als 50 Jahre haben wir in der damals sehr lebendigen Gemeinde mit großer Gemeinschaft gelebt. Wenn wir nach längerer Abwesenheit (z.B. Urlaub) wieder in die Kirche zurückkamen - es war immer unsere Kirche, unsere Heimat.
B.Kleineidam
